Ein Mensch ist erst vergessen,
wenn sein Name vergessen ist
Leitmotiv
des Stolperstein-Initiators
Gunter Demnig

Bendorf-Sayn - Jacoby'sche Anstalten

(Israelitische Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke (1869 - 1942);
Rheinland-Pfalz, Bendorf, Kreis Mayen-Koblenz)
Auf Veranlassung der Nationalsozialisten wurde die mit privaten Mitteln gegründete Einrichtung in Bendorf-Sayn zu einer zentralen Aufnahmestätte jüdischer Patienten und diente ab 1940 der Vorbereitung der Deportation. In fünf Transporten (zwischen März und November 1942) wurden 573 Personen in die Vernichtungslager des Ostens gebracht. In den Anstalten selbst starben 142 Menschen zwischen 1940 und 1942

Die Jacoby'sche Anstalten Bendorf-Sayn wurden 1869 von dem in Sayn lebenden Kaufmann Meier Jacoby gegründet, weil die Unterbringung jüdischer Patienten in den Bendorfer Nervenheilanstalten offenbar als unzulänglich wahrgenommen wurde. Zunächst wurden nur einige wenige Patienten im Wohnhaus des Kaufmanns aufgenommen, und Mayer Jacoby beauftragte einen Bendorfer niedergelassenen Arzt mit ihrer Betreuung. Die Einrichtung nahm einen raschen Aufstieg, nachdem ein großes Gelände an der Koblenz-Olper-Straße erworben werden konnte. Sie hatte 1890 schon 109 Patienten; etwa ein Drittel von ihnen kam aus den benachbarten europäischen Staaten. Am 1. Januar 1911 betrug die Zahl der Patienten bereits 163 (87 Männer und 76 Frauen).

In den ersten Jahren des Nationalsozialismus blieb die Jacoby'sche Anstalt zunächst relativ unbehelligt - gegen Ende des Jahres 1938 mussten jedoch zunächst fast alle nichtjüdischen Arbeitskräfte entlassen werden. An ihre Stelle traten jüdische Hilfskräfte, die ihre ursprünglichen Arbeitsplätze verloren hatten.

Familie Jacoby konnte 1940 auswandern. Ihr Besitz wurde beschlagnahmt, die Verwaltung der sog. "Reichsvereinigung der Juden" in Deutschland übertragen. Die "Reichsvereinigung" war lediglich eine von den Nationalsozialisten veranlasste Zwangsvereinigung, die nur Befehle auszuführen hatte. Ein Runderlass des Innenministeriums vom 12.12.1940 bestimmte, dass "geisteskranke Juden" nur noch in Sayn aufgenommen werden durften, um die gemeinsame Unterbringung mit deutsche Patienten zu unterbinden.

Die Möglichkeit, die Patienten an einem Ort zu konzentrieren, diente der Vorbereitung der Deportation. In fünf Transporten (zwischen März und November 1942) wurden 573 Personen in die Vernichtungslager des Ostens gebracht. 142 Juden starben zwischen 1940 und 1942 und wurden auf dem Sayner Judenfriedhof beigesetzt; die meisten von ihnen waren, viele eigentlich nicht transportfähig, schwer krank nach Sayn gekommen.

Auf Anordnung des Innenminsteriums wurde die Jacoby'sche Anstalt im November 1942 geschlossen und geräumt. Die letzten verbliebenen Patenten wurden zunächst in das Jüdische Krankenhaus Berlin, von dort jedoch weiter nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert.

Nach ihrer Räumung dienten die Anstalten als Ersatzkrankenhaus für Koblenz und Neuwied und wurden gegen Kriegsende zum Teil noch als Lazarett genutzt. Im März 1945 übernahmen amerikanische Soldaten die Gebäude, im Juli 1945 folgten französische Truppen.

Das erste Hauptgebäude und die sich anschließenden Stationen wurden in den 1960er Jahren abrissen. Erhalten sind noch die beiden Hauptgebäude, die Synagoge und ein Kurhaus.

Seit dem 01. September 1999 ist die Josefs-Gesellschaft GmbH Eigentümer des Grundstücks. Die katholische Trägergesellschaft von Altenheimen, Krankenhäusern und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen betreibt hier Integrationsfirmen, Wohnanlagen und eine Förderschule.

Seit November 2002 erinnert ein Denkmal vor den Gebäuden Koblenz-Olper-Straße 39 an 573 jüdische Frauen und Männer aus der ehemaligen Jacoby'schen Heil- und Pflegeanstalt Sayn und der Stadt Bendorf, die 1942 in die nationalsozialistischen Vernichtungslager deportiert und dort ermordet wurden. Eine Tafel mit den Namen aller deportierten Personen hängt im Inneren des "Wintergartens", des Verbindungsbaus der beiden Hauptgebäude.

 

Verweise und Links

Stadt Bendorf: "Die ehemalige Jacoby'sche Anstalt in Bendorf-Sayn" Internet-Dokumentation der Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum

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