Ein Mensch ist erst vergessen,
wenn sein Name vergessen ist
Leitmotiv
des Stolperstein-Initiators
Gunter Demnig

Zwangssterilisation

(Zwangsweise durchgeführter medizinischer Eingriff zur Unterbindung der Fortpflanzungsfähigkeit beim Menschen)
Auf Grundlage des NS-Gesetzes "zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" wurden in der Zeit von 1934-1945 insgesamt 400.000 Menschen -zumeist unter Zwang- sterilisiert. Das "Erbgesundheitsgericht" Stade hat in den Jahren 1934-39 insgesamt 951 Zwangssterilisationen beschlossen.

"Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" vom 14. Juli 1933

Im Juli 1933 wurde das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" (GzVeN)[1] erlassen. Es war Teil der nationalsozialistischen Rasse- und Bevölkerungspolitik und bildete einen Ausgangspunkt für die menschenverachtende Politik, die später in NS-Krankenmorden ( "Euthanasie" ) und systematischer Tötung aus rassischen Gründen enden sollte.

Etwa 400.000 Menschen, vom Kleinkind bis zum Greis, wurden zwischen 1934 und 1945 auf der Grundlage des Gesetzes zwangssterilisiert. Es handelte sich hierbei um psychisch Kranke, körperlich oder geistig Behinderte, Fürsorgezöglinge, Gehörlose, Nichtseßhafte, politische Gegner, rassisch Unerwünschte. Bei Frauen dienten im besonderen Maße Lebenswandel und moralisches Verhalten als Begründung für die Zwangssterilisation. An den direkten Folgen des medizinischen Eingriffs starben insgesamt circa 6.000 Personen. Für die Betroffenen bedeutete eine Zwangssterilisation gesellschaftliche Diskriminierungen, physische und psychische Schädigungen und Spätfolgen.

Das Gesetz ging von einer Fremdbestimmung und Zwangsmaßnahmen bei der Umsetzung aus. In §12 des Gesetzes hieß es: "...Soweit andere Maßnahmen nicht ausreichen, ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges zulässig."

Die Anzeigen nach dem GzVeN konnten u.a. von Ärzten, Musterungsbehörden, Gendameriestationen oder Wohlfahrtsbehörden kommen. Der Kreisarzt aus Stade empfahl sogar, daß Lehrer auffällige Schülerinnen und Schüler melden sollten, aber erst nach Beendigung der Schulpflicht, da sonst das Vertrautheitsverhältnis gestört werden könnte.

Das "GzVeN" sah einen formellen Weg vor. Nach den Anzeigen wurden die Anträge in der Regel von beamteten Ärzten gestellt. Ein sogenanntes "Erbgesundheitsgericht" entschied dann über die Anträge.

Am 1.1.1934 wurde ein "Erbgesundheitsgericht" in Stade eingerichtet. Der Zuständigkeitsbereich des Gerichts erstreckte sich im wesentlichen auf die damaligen Landkreise Stade, Land Hadeln, Bremervörde und Harburg-Land. Das "Erbgesundheitsgericht" Stade hat in den Jahren 1934-39 insgesamt 951 Zwangssterilisationen beschlossen.

Durchgeführt wurden die Zwangssterilisationen u.a. im städtischen Krankenhaus Stade. Allein im ersten Halbjahr 1935 fanden im Landkreis Stade 84 Zwangssterilisationen statt. Zu den Zwangssterilisierten gehörten auch ein 14jähriges Mädchen und ein 11jähriger Junge. [2]

  • [1] Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933; RGBl. 1933, S.529ff
    Gesetzestext Online bei ALEX
  • [2] Quelle: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) - Kreisvereinigung Stade: "Zwangssterilisationen im Landkreis Stade" Webseite des VVN-BdA
  • [3] Vgl. Jan Lokers, "Das Erbgesundheitsgericht Stade" in: "Justiz im Nationalsozialismus im Landgerichtsbezirk Stade" hrsg. von Volker Friedrich Drecktrah und Jürgen Bohmbach, Stade 2004, S. 86ff.

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